Für alle Klausuren gelten folgende Grundbedingungen:
Klausuren stellen eine besondere Anforderung dar,
weil hier die Schüler/innen sachlich und methodisch adäquat zu
historischen Fragestellungen Stellung beziehen sollen. Denkt daran, dass
ihr hier euch auf einem höheren, d.h. elaborierten Sprachniveau
artikulieren sollt!! Aussagen wie: "das haben doch wir im Unterricht
besprochen" mögen witzig sein, sind aber nicht zielführend, weil ihr
euch vorstellen müsst, für einen anonymen, fachkundigen Leser möglichst
klar und systematisch zu schreiben! Ich würde jedem empfehlen: a) in den Richtlinien bzw. Lehrplänen die Aussagen zur Leistungsbewertung und b) auf http://www.standardsicherung.schulministerium.nrw.de/abitur-gost/fach.php?fach=12 die Vorgaben, aber auch die Operatoren und Konstruktionsvorgaben zu studieren!
Klausuren
können sich eigentlich auf fast jede Textart beziehen, die ihr im
Unterricht besprecht, daher ist es wichtig, dass ihr die methodischen
Schritte der Interpretation der unterschiedlichen Text- bzw.
Materialarten beherrscht.
Dokumente:
Überreste, die im
Prozess der Geschichte hinterlassen wurden, ohne der Nachwelt Botschaften
übermitteln zu wollen.
Beispiele für
schriftliche Dokumente:
Urkunden, Akten,
Inschriften, Briefe, Reden, Flugblätter, Plakate, Denkschriften, Berichte und
Kommentare in Massenmedien, literarische Zeugnisse.
Beispiele für
nichtschriftliche Dokumente:
Bauwerke, Münzen,
darstellende Kunst, Karten, Bilddarstellungen
Monumente:
Nachrichten, die für
die Betrachter geschaffen wurden, sie sind Botschafter für die spätere Zeit.
Beispiele für
sprachliche Monumente:
Chroniken, Viten,
Gedenkschriften, Memoiren, an die Nachwelt gerichtete Gedenk- und
Rechtfertigungsreden
Überschneidungsmöglichkeit
mit wissenschaftlicher Sekundärliteratur: Zuordnung abhängig von der
Funktion: Erschließung einer vergangenen Zeit oder spezifischen Deutung.
Eine weitere WICHTIGE Textform ist die historische Sekundärliteratur: Auf der einen Seite gibt es die WISSENSCHAFTLICHE SEKUNDÄRLITERATUR,
die an ein fachwissenschaftliches Publikum gerichtet ist (das erkennt
man z.B. an der Verwendung vieler Fachtermini, einer komplexen Grammatik
etc.). Sie setzt meist schon Kenntnisse und Methodik des Faches voraus.
In der Schule werden wir hier insbesondere Texte von Historikern (
hoffentlich von H.U. Wehler, H.A. Winkler und weiteren) finden. Auf der anderen Seite steht die NICHT-WISSENSCHAFTLICHE SEKUNDÄRLITERATUR,
die sich an ein breites Publikum richtet, das sich überwiegend aus
Laien (=weniger Kundigen) zusammensetzt. Hier werden in vereinfachter
Form häufig historische Situationen aufbereitet ( siehe z.B. die Bücher
von Guido Knopp). Die Klausuren sind natürlich nur Vorschläge und
wer Korrekturen oder Verbesserungsvorschläge hat, ist herzlich
eingeladen, mir diese zu kommunizieren! Ich wäre wirklich dankbar! Es
dürfte sicher wichtig sein, dass die Klausur aus dem Unterricht
hervorgeht und daher werden die enstcheidenden Aspekte sowohl im Bereich
der Materialien (Ob Dokument, Monument, Karikatur etc.) als auch des
historischen Kontextes im Unterricht angesprochen.
Der Historiker Eduard Meyer über die
attische Demokratie:
„Das Mißtrauen gegen die
Persönlichkeit, das im tiefsten Wesen der Demokratie und des
Gleichheitsprinzips liegt und daher auch alle modernen Staaten immer mehr
überwuchert hat, scheint aus der Gestaltung des attischen Staats überall
hervor. Der blinde Zufall, nicht irgendwelche Befähigung setzt den Rat . . .
zusammen; sie alle haben nur zu tun, was jeder beliebige andere, den das Los im
nächsten Jahr an ihre Stelle führt, ebenso gut tun kann. Außerdem darf niemand
eins dieser Ämter zweimal bekleiden noch dem Rat in seinem Leben öfter als
zweimal angehören. Jede Bildung einer Tradition, einer Autorität in Rat und
Ämtern ist vollständig ausgeschlossen. . . Selbständiger stehen nur die
Strategen da und vor allem ihr Oberhaupt. Doch auch dieser vermag nur etwas,
solange er das Vertrauen des Volks behauptet; schlägt die Stimmung um, so ist
er lahmgelegt, ganz abgesehen davon, daß das Volk ihn jederzeit vom Amt
suspendieren kann: in jeder Prytanie[1] wird
es befragt, ob es mit der Amtsführung der Strategen einverstanden ist; wird die
Frage verneint, dann haben die Gerichte die Entscheidung.
So ist in der Tat in Athen mit der
Selbstregierung des Volks so bitterer Ernst gemacht wie niemals vorher noch
nachher in der Geschichte. Es gibt in Athen keine Regierung, kein Ministerium,
keine Autorität als die Volksversammlung. Jeder Athener hat das Recht, ihr
seine Ansicht vorzutragen und zu versuchen, ob seine Ratschläge Gehör finden;
aus den Vorschlägen wählt das Volk kraft der ihm innewohnenden Weisheit aus,
was ihm am zweckdienlichsten erscheint. Aber nur um so deutlicher zeigt sich,
daß die attische Demokratie tatsächlich auf eine Institution zugeschnitten ist,
von der die geschriebene Verfassung nichts weiß: auf die Leitung des Staats
durch den vom Vertrauen des Volks auf unbegrenzte Zeit an seine Spitze
berufenen Demagogen[2].
Ihm die Bahn frei zu machen, haben zuerst Kleisthenes, dann Themistokles ihre
Reformen eingeführt; Ephialtes und Perikles haben den letzten Schritt getan,
indem sie den letzten Rest einer selbstständigen Autorität beseitigten und
zugleich durch die Heranziehung der besitzlosen Menge zum Regiment die neue
Ordnung auf die breiteste Basis stellten. Die Massen, und mögen sie noch so oft
sich versammeln…, selbst regieren können sie nicht; irgendeine Einheit aber muß
da sein. Einen Überblick über die Lage des Staats, das Finanzwesen, die äußere
Politik in Krieg und Frieden kann nur gewinnen, wer die Staatsgeschäfte als
seinen Lebensberuf treibt…. Der attische Staat ohne anerkannten Demagogen war
nichts anderes als permanente Anarchie.“
Aus Eduard Meyer,
Geschichte des Alterthums, Band IV/1, 5.Aufl. Stuttgart 1954,
Erstveröffentlichung 1893)
Arbeitsaufträge:
1. Erschließen Sie auf der Grundlage einer Textanalyse,
wie Meyer die attische Demokratie beurteilt!
2. Überprüfen Sie sich im Rahmen einer historischen
Einordnung der Entwicklung der attischen Demokratie, inwieweit seine
Einschätzung zutrifft!
3. Diskutieren Sie ideologiekritisch das Demokratieverständnis
Eduard Meyers!
[1] Geschäftsführendes Zehntel
des Rates der 500, dem auch die Einberufung der Volksversammlung obliegt
[2]hier : Staatsmann,
Volksführer von: demos (Volk) und agogos
(führend) heute: Hetzer, Volksaufwiegler
Ein möglicher Erwartungshorizont: Aufgabe
1
In der Aufgabe 1 sollen die Schüler/innen in einem
ersten Schritt im Rahmen einer
Textanalyse die äußeren Merkmale der Quelle bestimmen. In diesem
Zusammenhang erscheinen folgende Merkmale von Bedeutung:
o
die
Schüler/innen sollen herausstellen, dass es sich um Sekundärliteratur handelt,
d.h. der Autor konstruiert auf der Grundlage von unterschiedlichen Quellen eine
historische Wirklichkeit,
o
der Autor der
Quelle ist Historiker und veröffentlicht diesen Text 1893
o
der Text ist
daher als öffentliches Dokument zu beschreiben, das einen breiteren
Adressatenkreis anspricht.
In einem zweiten Schritt sollen die Schüler/innen dann
die wesentlichen Grundgedanken Meyers herausgearbeiteten. Meyer entwickelt
seinen Gedankengang ausgehend von der These, „das Misstrauen gegen die
Persönlichkeit [liegt] …im tiefsten Wesen der Demokratie und des
Gleichheitsprinzips“. Diese These wird dann durch Beispiele begründet („der
blinde Zufall, nicht irgendeine Befähigung setzt den Rat …zusammen“, „...niemand
darf eines dieser Ämter zweimal bekleiden“ [Iterationsverbot] und „jede Bildung
einer Tradition, einer Autorität in Rat und Ämtern ist vollständig
ausgeschlossen“. Eine besondere Position sieht Meyer nur im Amt des Strategen,
der aber auch von der Stimmung der „Masse“ abhängig ist. Insgesamt wird hier
deutlich, dass Meyer diese Zustände sehr kritisch betrachtet bzw. diese eher
ablehnend darstellt.
Auch im weiteren wird diese Interpretation Meyers
evident, wobei er dann zu dem Schluss kommt, dass aufgrund dieser „unnatürlichen“
Verhältnisse ein „informelles“ Amt geschaffen wurde, das insbesondere die
Bedeutung der Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt, den Demagogen. Diese
Institution ist nach Meyer von größter Bedeutung, denn „die Massen, und mögen
sie sich auch noch so oft versammeln,....selbst regieren können sie nicht“.
Daher ist es für Meyer zwangsläufig, dass es jemanden geben muss, den
Demagogen, der einen „Überblick über die Lage des Staates, das Finanzwesen, die
äußere Politik in Krieg und Frieden“ hat. Zusammenfassend bemerkt Meyer, „der
attische Staat ohne anerkannten Demagogen war nichts anderes als permanente
Anarchie.“
Meyer nimmt gegenüber den „Massen“ und der Demokratie
eine eher skeptisch-ablehnende Position ein, er stellt dagegen die
Persönlichkeit, d.h. „das herausragende Individuum“, in den Mittelpunkt seiner
Betrachtungen.
Die Aufgabenstellung bezieht sich auf
die Anforderungsbereiche I und – im Rahmen der Textanalyse – II.
Aufgabe
2
Nachdem Athen in der Frühzeit von Königen regiert
worden war, übernahm im 7. Jahrhundert v. Chr. der Adel die Macht. Er übte
seine Herrschaft über neun Archonten, ein alljährlich aus seinen Reihen
gewähltes Beamtengremium, und den Areopag aus, der als oberste Kontrollinstanz
fungierte und die Blutgerichtsbarkeit inne hatte. Möglicherweise gab es zu
dieser Zeit bereits eine Volksversammlung (Ekklesia), sie ermöglichte dem Demos
aber keine politische Mitbestimmung.
Zu Beginn des 6. Jahrhunderts wurde diese
Adelsherrschaft durch tiefgreifende Veränderungen im wirtschaftlichen Bereich
erschüttert. Die hohe Verschuldung eines Großteils der Bauernschaft, die oft zu
ihrer Versklavung führte, sowie die Unzufriedenheit mit der Willkürherrschaft
des Adels führten zu sozialen Unruhen in Athen. Zu ihrer Beilegung einigte man
sich auf einen Schiedsrichter, den aus adligem Geschlecht stammenden SOLON, der
594 v. Chr. zum Archonten gewählt wurde. Solon verfügte einen allgemeinen
Schuldenerlaß und hob die Schuldsklaverei auf. Außerdem legte er eine Höchstgrenze
für Landbesitz fest, führte jedoch keine umfassende Landreform durch. Diese
Maßnahmen wurden durch eine politische Reform ergänzt. Ohne die traditionellen
Strukturen völlig zu verändern, brach Solon das Machtmonopol des Adels dadurch,
daß er den Zugang zu politischen Ämtern nicht länger von der Herkunft, sondern
vom Einkommen des Anwärters abhängig machte (timokratisches Prinzip). Das
Ausmaß politischer Mitbestimmung sollte der Höhe des Beitrages zum Wehrdienst
entsprechen. Solon teilte demzufolge die Bevölkerung in vier Vermögensklassen
ein. Zur oberen Vermögensklasse gehörten Großgrundbesitzer und Kaufleute, die
einen Jahresertrag von 500 Scheffeln nachweisen konnten. Sie trugen die Kosten
für die Flotte und stellten aus ihren Reihen die Archonten. Die Ritter stellten
mit einem jährlichen Ernteertrag von 300 Scheffeln die Reitertruppen, die
Zeugiten (200-Scheffelr) bildeten die Hoplitenphalanx und die Theten, die
Klasse der Lohnarbeiter, stellten die Leichtbewaffneten im Heer. Alle
Vermögensklassen konnten in den Gerichtshöfen und der Volksversammlung mitwirken.
Dem timokratischen Prinzip entsprechend wurde der Areopag von einem Adelsrat
in einen Rat ehemaliger Archonten umgewandelt. Ob Solon eine neue Institution,
den Rat der 400, schuf, ist umstritten.
Wenn Solon auch mit seinen Reformen die attische
Bürgerschaft stärkte, so gelang eine dauerhafte Beruhigung der Verhältnisse in
Athen jedoch nicht. Die von ihm geschaffene Ordnung blieb zwar formal bestehen,
wurde jedoch in den folgenden Jahrzehnten unter der Tyrannis des PElSISTRATOS
und seiner Söhne dadurch ausgehöhlt, daß die wichtigsten Ämter ausschließlich
an Vertrauensleute vergeben wurden.
Nach der Vertreibung der Tyrannen lebten die Kämpfe
zwischen den Adelsgeschlechtern wieder auf, erneut drohte ein Bürgerkrieg. In
dieser Situation setzte der Adlige KLEISTHENES im Jahre 508/7 v. Chr. eine
Phylenreforrn durch, mit der er die alte gentilizische Ordnung aufhob und
somit den Einfluß des Adels verringerte. Die Neuordnung der Phylen erfolgte
nach territorialen Gesichtspunkten: Das Gebiet von Athen wurde in drei Zonen -
das Stadtgebiet von Athen, Küsten- und Binnenland - gegliedert. Jede dieser
Zonen wurde ihrerseits in Zehntel (Trittyen) aufgeteilt. Den 10 neuen Phylen
wurden nun aus jedem Landesteil eine Trittys zugelost. Die kleinsten
Verwaltungseinheiten bildeten die Demen. Jede Phyle stellte ein
Hoplitenregiment mit einem Strategen an der Spitze und loste jährlich 50
Bürger aus, die für ein Zehntel des Jahres den neugeschaffenen Rat der 500
leiteten. Der Vorsitz in der jeweils geschäftsführenden Phyle, der Prytanie,
wechselte täglich.
Da die Macht des Areopags unangetastet blieb, hatte
der Rat vornehmlich die Aufgabe, Vorlagen für die Volksversammlung
vorzubereiten und die Tagesordnung festzulegen. Die Reform des Kleisthenes
brachte den Athenern die Isonomia, die Gleichheit vor dem Gesetz, wenn auch
noch keine wirkliche Demokratie. Jedem Bürger standen zwar die Volksversammlung
und der Rat der 500 offen, da aber politische Ämter immer noch Ehrenämter
waren, bewarben sich zumeist vermögende Mitglieder des Adels für die Wahlämter
des Strategen und der Archonten. Sie konnten sich freilich nicht mehr wie
früher auf eine von ihnen abhängige Gefolgschaft stützen, sondern benötigten
zur Durchsetzung ihrer politischen Absichten eine Mehrheit in der
Volksversammlung.
Unter PERIKLES,
der einem adeligen Geschlecht entstammte, wurde die Demokratie in Athen
endgültig verwirklicht. Seiner Ansicht nach sollten möglichst viele Bürger
politische Ämter bekleiden und an politischen Entscheidungen beteiligt werden.
Eine seiner ersten Reformen bestand daher in der Entmachtung des immer noch
ausschließlich mit Adligen besetzten Areopags, die er gemeinsam mit dem ebenfalls
adeligen EPHIALTES im Jahre 462 v.
Chr. durchführte.
Die wichtigsten Institutionen der attischen
Demokratie zur Zeit des Perikles waren die Ekklesia, die Geschworenengerichte,
der Rat der 500 und die Beamtenschaft.
Die Volksversammlung entschied über alle politischen,
militärischen und finanziellen Fragen, sie war zuständig für die Wahl bzw. die
Auslosung der Beamten sowie die Verleihung oder Aberkennung von Bürgerrechten.
Alle männlichen Bürger Athens konnten in der Volksversammlung gleichberechtigt
Anträge stellen, Reden halten und abstimmen.
Auch der Rat der 500 war für sie alle zugänglich. Dem
Rat oblag die Beamtenkontrolle, er berief die Volksversammlung ein und setzte
ihre Tagesordnung fest. Durch die Auslosung der Ratsherren, das Verbot einer
zweimaligen Amtsübernahme [Iterationsverbot] und den beständig wechselnden
Vorsitz im Rat sollte vermieden werden, dass einzelne Mitglieder zu viel Macht
erhielten.
Ähnliches galt auch für die Beamtenschaft: Neben der
Kontrolle durch den Rat sollten Auslosung, jährlicher Amtswechsel und das
Prinzip der Kollegialität Machtkonzentrationen und eigenmächtiges Vorgehen
unmöglich machen. Ausgenommen vom Losverfahren waren lediglich das Amt des
Strategen, bei dem auch eine mehrfache Wiederwahl möglich war, und Ämter, die
gewisse Sachkenntnisse oder Vermögen erforderten.
Eine weitere
Möglichkeit zur direkten Mitwirkung am öffentlichen Leben erhielt das Volk
durch die Teilnahme an den Volksgerichten, in denen über Anträge streitender
Parteien abgestimmt wurde. Sie setzten sich aus 6000 Mitgliedern zusammen, die
über 30 Jahre alt sein mussten und ähnlich wie die Ratsmitglieder durch das Los
bestimmt wurden.
Um eine Teilnahme breiter Bürgerschichten an dieser
Form der direkten Demokratie wirklich zu ermöglichen, führte Perikles Diäten
ein, die zunächst den Ratsmitgliedern und nach und nach den Inhabern
verschiedener Ämter gewährt wurden. Erst gegen Ende des Jahrhunderts wurden
Diäten auch für die Teilnahme an Volksversammlungen vergeben.
Durch die Beteiligung der attischen Bürger
(„Heranziehung der besitzlosen Menge zum Regiment“) an allen Bereichen des
politischen Lebens gelang es nach Meyer den Demagogen (u.a. PERIKLES), „die neue Ordnung auf die
breiteste Basis“ (Z27) zu stellen. Die Institutionen der direkten Demokratie
und die Maßnahmen zu ihrer Absicherung schlossen eine Machtübernahme durch
Gruppen des Adels auf verfassungsmäßigem Wege völlig aus; freilich boten die
noch verbliebenen Wahlämter einzelnen Demagogen - nicht zuletzt Perikles
selbst - die Möglichkeit, den Demos in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Die Aufgabenstellung fordert Leistungen
im AFB I (historische Einordnung) als
auch AFB II
Aufgabe
3
Ausgehend
von ihren Ergebnissen sollen die Schüler/innen die Position Meyers
ideologiekritisch reflektieren. Das Demokratieverständnis Meyers lässt sich aus
der Entstehungszeit des Textes ableiten bzw. verstehen: Monarchie (Kaisertum:
Wilhelm II. bzw. „Kanzlerdiktatur“ oder charismatische Herrschaft Bismarcks) in
Deutschland. Hier können die Schüler/innen auf die erarbeiteten Kategorien Max
Webers rekurrieren. Ähnliche Tendenzen im Wunsch nach politischer Mitbestimmung
innerhalb der breiten Masse bzw. das Interesse der herrschenden Schichten, den
"einfachen Mann" von der Regierung auszuschließen. Auch in Preußen
gilt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Textes, dass die politische Rolle
an das Vermögen gekoppelt ist (Dreiklassenwahlrecht in Preußen).
Die
Aufgabenstellung bezieht sich in besonderer Weise auf den AFB III.
Bewertung Die Leistungsnote „ausreichend“ kann erteilt werden, wenn
Þ
im methodischen
Bereich die Arbeitsschritte der Analyse und
– interpretation von Sekundärliteratur weitgehend sachgerecht angewandt
werden,
Þ
im inhaltlichen
Bereich die wesentlichen Aussagen der Quelle erkannt und dargestellt werden, der
historische Kontext in groben Zügen
entwickelt wird und die erkenntnisleitenden Interessen Eduard Meyers deutlich
werden.
Die Leistungsnote „gut“ kann erteilt werden, wenn
Þ
im methodischen
Bereich eine sachgerechte und detaillierte Analyse und Interpretation des
Textes vorgenommen wird;
Þ
der historische
Kontext sachgerecht und schlüssig dargestellt wird,
Þ
eine fundierte
ideologiekritische Reflexion des Demokratieverständnisses Meyers vorgenommen
wird.
Angesichts der - aus meiner Sicht - sehr diskutablen
Orientierung des Themas "Christen und Muslime" liegt mir daran, auch die
arabische Sicht darzustellen. Weiterhin wurde im Unterricht auch die
Phase der "Koexistenz" - "Al-Andalus" - besprochen, damit nicht der
Eindruck entsteht, ein Zusammenleben der religiösen Gruppen wäre kaum
möglich.
DIE FRANKEN NEHMEN JERUSALEM
(Ibn al-Atir X 193-195)
Jerusalem gehörte Tag ad-Daula Tutus, aber er hatte es Emir
Suqman ibn Artuq, dem Turkmenen, zu Lehen gegeben. Da die Franken die Türken
vor Antiochia besiegt und ein Blutbad unter ihnen angerichtet hatten, waren
diese sehr geschwächt und zerstreuten sich. Als die Ägypter daraufhin die
Schwäche der Türken bemerkt hatten, zogen sie unter dem Befehl al-Afdal ibn
Badr al-Gamalis gegen Jerusalem und belagerten es. In ihm befanden sich Emir Suqman
und Ughazi, die Söhne Artuqs, ihr Vetter Seving und ihr Neffe Jaquti.
Über vierzig Belagerungsmaschinen richteten die Ägypter
gegen Jerusalem und beschädigten die Mauern an verschiedenen Stellen; die
Einwohner setzten sich jedoch zur Wehr, und Kampf und Belagerung dauerten mehr
als vierzig Tage. Die Ägypter besetzten die Stadt nach ihrer Übergabe im Sa'ban
489 (August 1096) . Al-Afdal behandelte
Suqman, Ughazi und ihre Gefährten großmütig, machte ihnen reiche Geschenke und
ließ sie ziehen; sie wandten sich nach Damaskus, überschritten dann den
Euphrat, und Suqman ließ sich in Edessa nieder, während Ughazi weiter in den
Iraq zog. Die Ägypter setzten als Statthalter von Jerusalem einen gewissen
Iftiar ad-Daula ein, der noch zu der Zeit dort war, von der wir gerade reden.
Die Franken wandten sich also gegen Jerusalem, nachdem sie
Akkon erfolglos belagert hatten, und hielten es nach ihrer Ankunft mehr als
vierzig Tage lang eingeschlossen. Sie errichteten zwei Türme, einen davon auf
der Seite Zions, aber die Muslime verbrannten ihn und töteten alle, die in ihm
waren. Kaum hatten sie ihn verbrannt, als ein Bote mit einem Hilferuf kam: die
Stadt sei von der anderen Seite her genommen. Die Franken nahmen sie
tatsächlich von der Nordseite, morgens am Freitag, dem 22. Sa'ban (492/15.Juli
1099). Die Einwohner wurden ans Schwert geliefert, und die Franken blieben eine
Woche in der Stadt, während deren sie die Einwohner mordeten. Eine Gruppe von
diesen suchte Schutz in Davids Bethaus, verschanzte sich dort und leistete
einige Tage Widerstand. Nachdem die Franken ihnen das Leben zugesichert hatten,
ergaben sie sich; die Franken hielten den Vertrag, und sie zogen des Nachts in
Richtung Askalon und setzten sich dort fest. Im Masgid al-Aqä dagegen töteten
die Franken mehr als siebzigtausend ( !?) Muslime, unter ihnen viele Imame,
Religionsgelehrte, Fromme und Asketen, die ihr Land verlassen hatten, um in
frommer Zurückgezogenheit an diesem heiligen Ort zu leben.
Aus dem Felsendom raubten die Franken mehr als vierzig Silberleuchter,
von denen jeder über dreitausendsechshundert Drachmen wog, einen großen
Silberleuchter im Gewicht von vierzig syrischen Pfund, außerdem von den
kleineren Leuchtern einhundertundfünfzig silberne und mehr als zwanzig goldene,
und andere unermeßliche Beute. ...
aus: Die Kreuzzüge aus arabischer Sicht, aus arabischen Quellen ausgewählt
und übersetzt von Francesco Gabrieli, Artemis Verlag Zürich, München
1973, S. 48ff.
Dazu der - natürlich optionale - Erwartungshorizont:
Das
Thema "Aufstieg des Papsttums" oder Konflikt zwischen Sacerdotium
(geistlicher Gewalt) und Imperium (weltlicher Gewalt) mit einem
Schwerpunkt auf den Problemen des Reichskirchensystems, das unter Otto
I. stark gefördert wurde, spiegelt sich in der folgenden Klausur: