Um die historische Entwicklung in den Jahren 1918 bis 1933 zu strukturieren, kann folgende Phaseneinteilung eine sinnvolle Hilfe sein:
1918 - 1919 Revolution und Errichtung der Republik (z.B. Weg zur Verfassung und Versailler Vertrag)
1919 - 1923 Die Krisenjahre der Republik (Lüttwitz-Kapp-Putsch, Hitler-Putsch, Inflation)
1924 - 1929 "Die goldenen Zwanziger" (politische, soziale und wirtschaftliche Stabilisierung)
1930 - 1933 Das Scheitern der der Republik
In Kooperation mit Thomas Freymuth und Tim Rougk aus dem LK GE Abi 2015: zu 1918/19 Nach dem Scheitern der Michaelsoffensive muss auch die OHL (=oberste Heeresleitung) erkennen, dass der Krieg nicht mehr gewonnen werden kann. Daher beginnt man sofort sich aus der Verantwortung zu stehlen. Dafür steht exemplarisch folgendes Dokument:
Die anderen sollen die Suppe auslöffeln.
Lagebericht Erich Ludendorffs vor Offizieren der OHL am 1.
Oktober 1918:
Er sei verpflichtet, uns zu sagen, dass unsere militärische
Lage furchtbar ernst sei. Täglich könne unsere Westfront durchbrochen werden
[...] Die OHL und das deutsche Heer seien am Ende; der
s Krieg sei nicht nur nicht mehr zu gewinnen, vielmehr stehe
die endgültige Niederlage wohl unvermeidbar bevor. [. . .] Unsere eigene Armee
sei leider schon schwer verseucht durch das Gift spartakistisch‑sozialistischer
Ideen. Auf die Truppen sei kein Verlass mehr. Seit dem 8.8. sei es rapide
abwärts gegangen. Fortgesetzt erwiesen Truppenteile sich so unzuverlässig, dass
sie beschleunigt aus der Front gezogen werden müssten. Würden sie von noch
kampfwilligen Truppen abgelöst, so würden diese mit dem Rufe „Streikbrecher"
empfangen und aufgefordert, nicht mehr zu kämpfen. Er könne nicht mit
Divisionen operieren, auf die kein Verlass mehr sei. So sei vorauszusehen, dass
dem Feinde schon in nächster Zeit mit Hilfe der kampffreudigen Amerikaner ein
großer Sieg, ein Durchbruch in ganz großem Stile gelingen werde, dann werde
dieses Westheer den letzten Halt verlieren und in voller Auflösung zurückfluten
über den Rhein und werde die Revolution nach Deutschland tragen. Diese
Katastrophe müsse unbedingt vermieden werden [. . .]
„Ich habe aber
S[eine] M[ajestät] gebeten, jetzt auch diejenigen Kreise an die Regierung zu
bringen, denen wir es in der Hauptsache zu verdanken haben, dass wir so weit
gekommen sind. Wir werden also diese Herren jetzt in die Ministerien einziehen
sehen. Sie sollen nun den Frieden schließen, der jetzt geschlossen werden muss.
Sie sollen die Suppe jetzt essen, die sie uns eingebrockt haben!"
A. von Thaer, Generalstabsdienst an der Front
und in der OHL. Aus Briefen und Tagebuchaufzeichnungen 1915‑1919, Göttingen
1958, S. 234f.
In Absprache mit der OHL wird schon am 30.09.1918 durch Kaiser Wilhelm II. die Verfassung von 1871 revidiert und per Erlaß die PARLAMENTARISIERUNG (= Regierung wird dem Parlement verantwortlich) verfügt. Die Abgeordneten erfahren die Wahrheit über die militärische
Lage (2. Oktober 1918). Aus den Erinnerungen des Vizekanzlers Friedrich Payer:
In der Besprechung teilte ich schweren Herzens den
Parlamentariern nach wenigen vorbereitenden Worten mit, was die Oberste
Heeresleitung verlange, und gab ihnen Kenntnis von dem ungefähren Inhalt der
beabsichtigten Note. Sie saßen entsetzt, nur Graf Westarp und Stresemann
erklärten es für unmöglich, dass wir in einer so verzweifelten Lage seien. Ich
ließ dann den Major von dem Bussche [Vertreter der OHL] bitten einzutreten, und
er hielt den in den „Urkunden" [...] abgedruckten Vortrag entweder
wortwörtlich oder doch nahezu wörtlich, so wie er dort abgedruckt ist. Die
Wirkung war eine überzeugende, selbst mich, der ich doch wusste, wie es stand,
ergriff die militärisch knappe und klare Zusammenstellung der Tatsachen noch
einmal, die feststellte, dass die Fortsetzung des Krieges als aussichtslos
aufzugeben sei und dass, wenn auch das deutsche Heer den Gegner noch monatelang
aufhalten und örtliche Erfolge erringen könne, doch keine Zeit verloren gehen
dürfe, da jeder Tag die Lage verschlechtern und dem Gegner Gelegenheit geben
könne, unsere augenblickliche Schwäche klar zu erkennen.
F. Payer, Von Bethmann Hollweg bis Ebert.
Erinnerungen und Bilder, Frankfurt/M. 1923, S. 103 f.
Als die Marineleitung plant einen (selbstmörderischen) letzten Angriff auf die britische Flotte zu unternehmen, meutern die Matrosen in Kiel und Wilhelmshafen. 29/30.10.1918 Brandlegung an Bord ( Wilhelmshafen ) Verhaftungen: Drohende Todesstrafen → Eskalation 04.11.1918 Wahl Soldatenräte – Bewaffnung / Entwaffnung → „Machtübernahme“ :Besetzung wichtiger Dienststellen Bildung (anfangs spontan) von Arbeiter-und Soldatenräten ( Vorbild russische Revolution) - eine revolutionäre Welle rollt von Kiel und Wilhelmshafen ausgehend durch das Land und erreicht am 09.11.1918 Berlin Am 09.11.1918 ruft P. Scheidemann (14h) die parlamentarische Republik und K. Liebknecht (16h) sozialistische Republik aus. Max von Baden übergibt sein Amt an Friedrich Ebert und erklärt die (unabgesprochene) Abdankung des Kaisers als Reaktion auf die deutschlandweiten Unruhen. Ebert beruft den „Rat der Volksbeauftragen“ ein (Übergangsregierung), der sich aus je drei Vertretern der MSPD und USPD zusammensetzt. Quelle: www.dhm.de Einen Tag nach der Abdankung
von Kaiser Wilhelm
II. kam es am 10. November 1918 zu einer Übereinkunft zwischen dem
Sozialdemokraten Friedrich
Ebert vom Rat der
Volksbeauftragten und Wilhelm
Groener, seit Ende Oktober 1918 Nachfolger Erich
Ludendorffs in der Obersten
Heeresleitung (OHL). In einem Telefongespräch gab Groener eine
Loyalitätserklärung gegenüber der neuen Regierung ab und sicherte ihr die
militärische Unterstützung der OHL gegen linksradikale Revolutionäre während
der politischen Umbruchphase zu. Als Gegenleistung garantierte Ebert, daß die
alleinige Befehlsgewalt über die Truppen weiterhin beim Offizierskorps liegen
werde. Paul
von Hindenburg blieb an der Spitze der OHL, um die geordnete Rückführung
der Fronttruppen in die Heimat zu leiten.
Auf dem Reichsrätekongress (Dezember 1918) spricht sich die Mehrheit der Delegierten für die Wahl einer Nationalversammlung und gegen ein Rätemodell aus, weil die meisten A-und S-Räte von der MSPD geführt werden. Die Wahl zur Nationalversammlung, die am 19.01.1919 gewählt wurde (zum ersten Mal dürfen Frauen wählen), bedeutet den Weg zu einer parlamentarisch demokratischen Verfassung. Nach Widerstand (Spartakusaufstand =https://de.wikipedia.org/wiki/Spartakusaufstand ) u.a. der KPD wurden Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg von Freikorps ermordet (15.01.), die von der Regierung (insb. MSPD siehe u.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Noske ) zur Hilfe gerufen wurden. 6.Februar 1919: Die Nationalversammlung erarbeitet in Weimar (wegen der bürgerkriegsähnlichen Zustände in Berlin) die Verfassung, diese tritt mit der Unterzeichnung Eberts am 19.08.1919 in Kraft.
1919 - 1923 KRISENJAHRE DER REPUBLIK Der Versailler Vertrag von 1919/20 stellt für die junge Republik eine immens Bürde dar: https://de.wikipedia.org/wiki/Friedensvertrag_von_Versailles Putsch-Versuche von links und rechts → Staat geht gg. linke Verbrechen stärker vor als gg. Rechte
Kapp-Putsch (1920): → 13. März: Freikorps versucht „Vertreibung“ der Regierung → Kapp ernennt sich zum Reichskanzler, Lüttwitz zum Oberbefehlshaber der Truppen → Putsch scheitert aufgrund von Verweigerung der Arbeiter, Beamten; Gewerkschaften rufen Generalstreik aus (Kapp flieht nach Schweden) Hitler-Putsch (1923): → General Lossow wird beauftragt, den „Völkischen Beobachter“ zu verbieten, weigert sich jedoch → Lossow, Generalstaatskommissar Gustav Ritter von Kahr, Polizeichef Hans von Seisser und Hitler planen Marsch auf Berlin (auf Veranlassung Hitlers nach dem Vorbild von Mussolinis „Marsch auf Rom“ 1922) → 9. November: Putschversuch gewaltsam von Polizei gestoppt → Hitler wird am 01.04.1924 zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt, die nach 6 Monaten zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Bereits am 20.12. 1924 wird er auf Bewährung aus der Haft entlassen. Ökonomische Krise: Aus einer Inflation wird die „galoppierende“ Inflation ab 1923 https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Inflation_1914_bis_1923 → u. a. verursacht durch die Geldmengenvermehrung während des 1. WK, sowie Reparationszahlungen und Demontagen → führt zu: Währungsreform Ende November 1923 Der „Dawes-Plan“ (1924) → Reglementierung/Fixierung der Reparationszahlungen → Kredite (2,5 Milliarden Reichsmark) für DE von USA > führt zu einer Stabilisiserung > 1925 bis 1929 GOLDENE ZWANZIGER https://de.wikipedia.org/wiki/Goldene_Zwanziger und auch zu einer politischen Stabiliserung in der Ära Stresemann https://de.wikipedia.org/wiki/Gustav_Stresemann
Als eine Folge der ökonomischen und sozialen Krise ist der Aufstieg der NSDAP zu sehen: radikale Parteien wie NSDAP, aber auch die KPD (= Parteien, die die Weimarer Verfassung bekämpfen und abschaffen wollen) verzeichnen bei den Wahlen 1930 - 1933 Stimmengewinne → NSDAP > massiver Aufschwung: Von 800.000 Stimmen im Jahr 1928 auf 6,4 Mio. im Jahr 1930 und 1932 wird die NSDAP die stärkste Fraktion im Reichstag mit ca. 36%. → resultiert u.a. aus einer Enttäuschung über den Parlamentarismus, der der Weltwirtschaftskrise nicht standhält bzw. auch der Kompromissunfähigkeit der demokratischen Parteien (siehe mangelnde Kompromissfähigkeit am Beispiel des Scheitern der letzten parlamentarischen Regierung, als Folge gebinnt dann die Phase der Präsidialkabinette) Wählerschaft der NSDAP aus allen sozialen Schichten, besonders auch Zustrom junger Wähler.
27.03.1930 Scheitern der "Großen Koalition" unter Hermann Müller 28.03.1930 Berufung Brünings zum Reichskanzler durch Hindenburg nach Art. 53 der Weimarer Verfassung
DEFLATIONSPOLITIK Brünings 1930 bis 1932
10.04.1932
2. Wahlgang RP-Wahl
13.04.1932 Verbot von SA und SS
30.05.1932 Entlassung
Brünings; von Papen wird Reichskanzler
04.06.1932
Reichstagsauflösung
16.06.1932
Aufhebung des
SA/SS-Verbots
20.07.1932:Preußenschlag
Absetzung der geschäftsführenden Regierung in Preußen
13.08.1932
Hindenburg lehnt Hitlers
Forderung auf Ernennung zum
Reichskanzler ab
12.09.1932
Misstrauensvotum gegen Regierung von
Papen;
Auflösung des Reichstags
Quelle: Eingabe führender Männer ….
Nov. 32
17.11.1932
Rücktritt des Kabinetts
Von Papen
Spaltungsversuch der NSDAP
30.01.1933
Hindenburg ernennt Hitler zum
Reichskanzler
„Zähmungskonzept“
Die Phase der Präsidialkabinette 1930 bis zum 30.Januar 1933
Nach dem Auseinanderbrechen der „Großen Koalition“ im Streit um den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung (Streitfrage war 0,5%) unter dem
Sozialdemokraten Hermann Müller im März 1930 gab es keine Regierung mehr, die
über eine parlamentarische Mehrheit verfügte. Sein Nachfolger wurde dann Heinrich Brüning ( http://de.wikipedia.org/wiki/Heinrich_Br%C3%BCning ), dessen Regierung durch die außerordentlichen Vollmachten des Reichspräsidenten
eingesetzt wurde und mit Hilfe des Art. 48 Gesetze durchsetzte. In der Staatskrise seit 1930 versuchte Brüning, Gesetze, die
im Reichstag keine Mehrheit fanden, durch Notverordnungen (Artikel 48 ) zu
ersetzen. Die Wirtschaftskrise wollte er durch eine sogenannte
Deflationspolitik bekämpfen, d.h. die Staatsausgaben durch Sparmaßnahmen den
sinkenden Einnahmen anpassen. Das hieß für den Staatshaushalt: Senkung der
Löhne und Gehälter auf den Stand von 1927; Senkung der Preise, soweit es
möglich war, um zweimal je 10%; Drosselung der Einfuhren. Im Gegensatz dazu
unterstützte Brüning aber großzügig die ostdeutsche Landwirtschaft und entschuldete
dadurch die ostelbischen Gutsbesitzer, die erbitterte Gegner der Weimarer
Republik waren. Denn obwohl die deutschen Getreidepreise durch Schutzzölle
gestützt wurden, waren die Großgrundbesitzer nicht zufrieden. Die Mittel- und
Kleinbauern in Westdeutschland hatten von allen Maßnahmen keinen Nutzen. Die
Verbraucher waren unzufrieden, weil bei sinkenden Einkommen die
Grundnahrungsmittel nicht verbilligt wurden. So waren die Wirtschaftsmaßnahmen
Brünings ein Fehlschlag.
In den Wahlen von 1932 verloren dann die staatstragenden Parteien so
viele Stimmen, daß nun die Mehrheit bei den staatsfeindlichen radikalen Rechts-
und Linksparteien lag.
http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4sidialkabinett
Der
Niedergang der parlamentarischen Demokratie wurde mit der Berufung
von Papens im Juni 1932 beinahe endgültig besiegelt. Das neue Präsidialkabinett besaß
von Anfang an keine parlamentarische Unterstützung; es bestanden
noch nicht einmal geringe Chancen, von wechselnden Zufallsmehrheiten
geduldet zu werden.
Die
Regierung wurde nur noch von der DNVP gestützt. Sie verkörperte die
Interessen von ostelbischen Großgrundbesitzern, preußischen
Konservativen, politikhungrigen Militärs und einigen Industriellen.
Diese Konstellation ließ Erinnerungen an einen Herrenklub im 19.
Jahrhundert wach werden. Von Papen, der als Hinterbänkler der
Zentrumsfraktion im preußischen Landtag kaum politisches Profil
gewonnen hatte, fand auch bei seiner eigenen Partei keine
Unterstützung. Vielmehr ging das Zentrum aus Verärgerung über die
Behandlung Brünings in die Opposition. Von Papen kam einem
Parteiausschlußverfahren nur durch freiwilligen Austritt zuvor. In
seiner ersten Rundfunkansprache entwarf er seinen „Neuen
Staat",
eine konservativ geprägte, wirre Utopie eines Ständestaates, in dem
für die Sozialdemokratie, das liberale Bürgertum und das Zentrum
kein Platz mehr war. Jene Kräfte wurden als nicht „national"
und moralisch zersetzend disqualifiziert. Im sogenannten „Kabinett
der nationalen Konzentration"
waren weder die Arbeiterschaft noch der Mittelstand vertreten. Von
Papen suchte eine Tolerierung durch die Nationalsozialisten zu
erreichen; er löste deshalb den Reichstag auf und hob das SA-Verbot
auf. Die Folge war ein sprunghaftes Ansteigen terroristischer
Aktionen. In den Monaten Juli und August 1932 wurden über 300
Menschen getötet und 1200 verletzt. Der von den radikalen Parteien
entfachte Straßenterror wurde auch in die Parlamente hineingetragen:
in den Landtagen von Bayern und Preußen kam es zu Tumulten und
Schlägereien. Eine blutige Straßenschlacht in Altona am 17. Juli
forderte 17 Tote und über 100 Verletzte. Preußenschlag: Jenes Ereignis diente der
Reichsregierung als Vorwand, um die preußische Regierung ab-
und einen Reichskommissar einzusetzen, was man als Bruch der Verfassung oder auch Staatsstreich werten kann. Angeblich sei wegen einer
Konspiration zwischen Kommunisten und preußischen SPD-Ministern die
verfassungsmäßige Ordnung gefährdet gewesen. Damit wurde am 20.
Juli die Länderregierung beseitigt, die energisch gegen Terror von
links wie von rechts gleichermaßen vorgegangen war.
In
dieser Atmosphäre wurde die Reichstagswahl vom 31. Juli 1932
abgehalten. Die NSDAP konnte ihren Stimmenanteil vor allem auf Kosten
bürgerlicher Parteien nahezu verdoppeln:
unter
den staatstragenden Parteien konnte nur das Zentrum leichte Gewinne
verzeichnen. NSDAP und KPD zusammen verfügten nunmehr über eine
absolute, negative Mehrheit.
Von
Papen, der sich nun gegen die NSDAP wandte, wurde im Parlament das
Mißtrauen ausgesprochen; Hindenburg reagierte darauf mit der
Auflösung des Reichstags. Politische Gewalttaten und Streiks
kennzeichneten den Wahlkampf der Reichstagswahl vom 6. November 1932.
Der Stimmenanteil der NSDAP sank um 4% zugunsten der DNVP; die KPD
konnte ihren Anteil hauptsächlich auf Kosten der SPD auf fast 17%
steigern. Die negative Mehrheit der republikfeindlichen Parteien
blieb erhalten.
Adolf
Hitler versuchte seine Machtansprüche zu bekräftigen, indem er den
Nachweis erbringen wollte, daß die Industrie hinter ihm stände. Es
traten jedoch nur 20 Persönlichkeiten aus Industrie- und
Bankkreisen für eine Ernennung Hitlers zum Reichskanzler ein - unter
ihnen der ehemalige Reichsbankpräsident Schacht und der Industrielle
Fritz Thyssen; 339 Persönlichkeiten unterstützten hingegen von
Papen. Hindenburg erklärte sich nur bereit, Hitler zum Reichskanzler
einer parlamentarisch legitimierten Regierung zu ernennen; ein
Präsidialkabinett mit Notverordnungsermächtigung unter Führung
der NSDAP lehnte er ab. Von Papen wollte durch eine autoritäre
Diktatur, gestützt auf alte preußische Eliten, auf Industrie und
auf Reichswehr, einer nationalsozialistischen Machtergreifung
begegnen. Diese Vorstellungen lehnte von Schleicher ab.
Am
3. Dezember wurde Reichswehrminister von Schleicher zum Reichskanzler
ernannt. Die politischen Rahmenbedingungen schienen sich zu bessern:
Die NSDAP mußte in Landtags- und Kommunalwahlen empfindliche
Stimmenverluste hinnehmen. Die Straßenkämpfe ließen nach. Die
Wirtschaft signalisierte Anzeichen für eine Erholung. Der Höhepunkt
der Arbeitslosigkeit war überschritten.
Von
Schleicher suchte in einer parteiübergreifenden
Gewerkschaftszusammenarbeit Unterstützung. Er wandte sich an den
Flügel um Gregor
Strasser
in der NSDAP, der für sozialistische Tendenzen in seiner Partei
eintrat und ein gespanntes Verhältnis zu Hitler hatte. Strasser
zögerte jedoch, als Vizekanzler in ein Kabinett Schleicher
einzutreten. Statt der befürchteten Spaltung seiner Bewegung gelang
Hitler die Ausschaltung Strassers. Ein angestrebtes Bündnis von
Reichswehr und Arbeiterbewegung scheiterte ebenfalls. Der
sozialdemokratische Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund war einer
Zusammenarbeit mit von Schleicher nicht abgeneigt, doch die SPD
verhinderte ein Zusammengehen mit dem „reaktionären General".
Statt der beabsichtigten Gewerkschaftsfront formierte sich eine
Gegenbewegung der Interessenverbände von Landwirtschaft und
Industrie und der DNVP. Von Papen, der „Stahlhelm" und die
DNVP forderten eine Regierungsbeteiligung der NSDAP. Am 28. Januar
1933 trat von Schleicher zurück. Am 30. Januar wurde Adolf Hitler
zum Reichskanzler ernannt und ein Kabinett aus Vertretern der
„Nationalen Opposition" unter Einschluß parteiloser
Persönlichkeiten gebildet. Von Papen wurde Vizekanzler.