Wenn man der Frage nachgeht, was denn eigentlich Sport ist, kommt man schnell neben einem historischen Erklärungsansatz zum Schluss, dass es sich im Sport um eine bestimmte Form von Bewegungen handelt.
Wir baggern und pritschen im Volleyball, stoßen eine Kugel oder springen mit dem Fosbury-Flop so hoch wir können, wir machen einen Sprungwurf im Handball, fahren Schwünge beim Skilaufen oder rudern im Skiff. Alle diese Bewegungen werden als SPORTMOTORISCHE FERTIGKEITEN definiert.
Davon abgegrenzt sind alltägliche Bewegungen, wir gehen oder krabbeln, wir heben ein Glas hoch, um zu trinken, schieben eine Tür zu, binden unsere Schnürsenkel, ziehen einen Hebel an einer Maschine nach unten. Auch hier bewegen wir uns, aber wir bezeichnen diese Bewegungen eher als alltagsmotorische oder arbeitsmotorische Fertigkeiten.
Bewegungen kann man im Sport nach GRUPE auch unter folgenden vier Aspekten betrachten: a) Bewegung kann eine instrumentelle Bedeutung haben, wobei ein Zweck verfolgt wird (ein Hindernis überlaufen oder überspringen; ein Gerät möglichst weit zu werfen oder zu stoßen etc.) b) Bewegungen können auch eine explorierende-erkennende Funktion haben, weil sie uns Rückmeldungen über Können oder Nichtkönnen, über unsere Reaktionen auf Belastungen etc. geben können c) Bewegungen haben eine soziale Funktion, die sich im kommunikativen Miteinander, in der non-verbalen Kommunikation (Mimik und Gestik) äußert d) Bewegungen haben schließlich auch eine personale Funktion, die uns auf unsere Grenzen und Möglichkeiten, auf Bestätigung und Defizite verweist.
Unter Bewegung versteht man nach Willimczik/Roth (Bewegungslehre, Hamburg 1983, S. 12ff.) den äußeren = sichtbaren Aspekt, genauer "die Ortsveränderung eines Körpers in Raum und Zeit." = was wir sehen! Der Begriff Motorik dagegen beschreibt die inneren, nichtsichtbaren Vorgänge (Innenaspekt = was wir nicht sehen) der Steuerung und Regelung von Bewegungshandlungen, die u.a. unter biomechanischen oder auch funktionalen Aspekten zu untersuchen sind. Die Autoren unterscheiden dabei verschiedene Fertigkeitstypen (siehe ebd. . 145ff.) Der Fertigkeitstyp 1a umfasst elementare motorische Fertigkeiten, wie Werfen, Klettern, etc. die oben als alltagsmotorische Fertigkeiten bezeichnet wurden, wobei aus meiner Sicht heute auch in diesem Bereich schon viele Defizite bei Kinder und Jugendlichen zu erkennen sind, das Beherrschen alltagsmotorischer Fertigkeiten ist vielfach keine Selbstverständlichkeit mehr.
Der Fertigkeitstyp 1b stellt die sportmotorischen Fertigkeiten dar, das sind z.B. Flop, Pritschen im Volleyball oder auch der Sprungwurf im Handball. Komplexere Fertigkeitstypen sind z.B. der verzögerte Sprungwurf oder Schmetterschlag im Volleyball (Fertigkeitstyp 3), bei dem die Ausführung der Fertigkeit situativ angepasst werden muss. Weiterhin gibt es noch die Fertigkeitsübertragung (Typ 4), bei der zum Beispiel eine Technik wie das "Hochentlasten" beim Skifahren auf planer Piste auf das Fahren im Tiefschnee übertragen wird, und die Fertigkeitsgestaltung (Typ 5), bei der neue Bewegungskoordinationen z.b: beim Jazztanz entwickelt werden können
Unsere Alltagsbewegungen sind häufig automatisiert und daher nicht mehr bewusstseinspflichtig. das heißt, dass an im Normalfall nicht mehr darüber nachdenken muss, was und wie man handelt. Ein Beispiel? Als Beispiel eine Aufgabe aus meinem Sport-LK: Beschreibe mit eigenen Worten im Detail, wie Du Dir die Schnürsenkel zubindest! Eine alltägliche Bewegung - oder nicht? Doch so sehr automatisiert, dass wir große Probleme haben, mit Worten zu sagen, WAS wir tun und WIE wir es tun - oder? Natürlich stellen uns auch alltagsmotorische Fertigkeiten in einem Zustand, in dem die Sinne vernebelt sind (alkoholisiert), vor große Probleme :-)
Wie lernt man nun Bewegungen oder besser gesagt bestimmte sportmotorische Fertigkeiten? Hier findet man zu diesem Thema ein wunderbares Script zum "Motorischen Lernen" von der Uni Aachen:
Zusammenhänge von Struktur und Funktion sportlicher Bewegungen (Gesetzmäßigkeiten, exemplarisch erarbeitet je nach Inhalten des Kursprofils)
Ich möchte hier insbesondere auf die hervorragend konzipierten Seiten auf http://www.sportunterricht.de/lksport/lkbeweg.html hinweisen, die eine wahre Fundgrube für Schüler/innen, aber auch Lehrer :-) darstellen. Die Schüler/innen sollen wesentliche Methoden kennenlernen: z.B. Zergliederungsmethode, methodische Übungsreihen = MÜR(nach dem Prinzip der Aufteilung in funktionelle Teileinheiten ODER dem Prinzip der verminderten Lehrhilfe ODER dem Prinzip der graduellen Annährung). Ein Beispiel: Das Erlernen des Schmetterschlags im Volleyball kann erfolgen durch Anwendung bestimmter methodischer Übungsreihen (MÜR) bzw. bestimmter methodischer Prinzipien: a) MÜR nach dem Prinzip der Aufteilung in funktionelle Teileinheiten Der Bewegungsablauf wird (grob) in zwei Phasen unterteilt: Phase 1: Anlauf/Absprung und Phase2: die Schlagbewegung In dieser MÜR üben die Schüler/innen z.B. den Anlauf-Absprung-Komplex (Schrittfolge - Stemmschritt, Absprung, Landung) und dann getrennt die Schlagbewegung des Schlagarms (Armschwung, Ausholbewegung, Schlag). Später werden die beiden Phasen kombiniert und zusammengeführt. b) MÜR nach dem Prinzip der graduellen Annährung (in vereinfachter Darstellung) Im Mittelpunkt der Bewegung steht das Schlagen des Balles am (anfangs kopfhohen) Netz. Der Ball wird selbst angeworfen und dann 1. im Stand über das Netz geschlagen, dann 2. im Sprung (ohne Anlauf) über das Netz geschlagen, 3. dann im Sprung mit verkürztem Anlauf (nur Stemmschritt und Nachstellschritt) über das Netz geschlagen, 4. mit ganzem Anlauf und vom Lehrer angeworfen über das Netz geschlagen (Reduktion des Timingproblems) 5. weitere Annäherung an den spielgemäßen Bewegungsablauf ....
Von meinem Exkommilitonen und nun Dozenten an der Uni Bielefeld Dr. D. Pollmann sind die beiden folgenden lehrreichen Einführungen in die Bewegungslehre und die Methodik des Lernens im Sport: